Interview zu Master Data Governance: Ressourcen sparen durch Datenoptimierung

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Dr Arno Michelis von simus systems

Dr. Arno Michelis führt die simus systems GmbH als einer von zwei Geschäftsführern seit 2002.

Master Data Governance (MDG) sorgt in Unternehmen für klare Regeln bei Prozessen und der Organisation. Wie das umgesetzt werden kann und warum es so effektiv ist, erklärt Dr. Arno Michelis, Geschäftsführer der simus systems GmbH.

Das Interview ist erschienen in der WELT-Beilage „Smart Industry“ vom 24.4.2020.

Viele Unternehmen machen sich daran, ihre Prozesse zu digitalisieren und automatisieren. Wie groß ist der Aufwand?

Das ist schon eine große Herausforderung, die die Verantwortlichen vor große Aufgaben stellt. Das sollte man keinesfalls unterschätzen.

Welche Herausforderungen sind das denn vor allem?

Nun, wichtig ist insbesondere, dass die Qualität der Daten auf mehreren Ebenen gewährleistet sein muss. Sie müssen ja nicht nur auf dem aktuellen Stand sein, sondern auch korrekt und vollständig. Erst, wenn sie konform mit den entsprechenden systemspezifischen Regeln sind, ist eine maschinelle Verarbeitung möglich. Und sie müssen widerspruchsfrei, also konsistent sein. Sie sehen: Hier liegen viele mögliche Fehlerquellen.

Es ist also sehr sinnvoll, sich Unterstützung zu besorgen. Inwiefern kann Master Data Governance eine solche Hilfe sein?

Mit „Master Data Governance“, kurz MDG, schafft das Unternehmen umfassende Prozess- und Organisationsstrukturen. Wichtig ist, dass klare Regeln erstellt und Verantwortlichkeiten benannt werden. In dem Prozess sollten unter anderem Abläufe wie jene zur Materialstamm-Anlage modelliert und ebenso individuelle Freigabe- und Genehmigungsprozesse definiert werden.

Was sind denn typische Probleme in Unternehmen?

Da gibt es eine ganze Reihe. Sehen Sie, wenn Arbeitsabläufe und Datenpflegeprozesse nicht genau definiert sind, kann es zum Beispiel passieren, dass Mitarbeiter Daten unkontrolliert, sozusagen am Prozess vorbei in ein ERP-System speichern können. Das Problem ist, dass dadurch Falschinformationen und Dubletten entstehen können. Uneinheitliche Benennungen führen auch dazu, dass Mitarbeiter vorhandene Daten nicht mehr wiederfinden, diese dann neu anlegen müssen, und so Zeit und Kapazitäten verschwenden. Allgemein gesprochen: der Prozess kommt ins Stocken.

Welche Vorteile ergeben sich nun aus einer MDG-Lösung?

Eine MDG-Lösung bietet einmal – ganz wichtig – einen besseren Zugriff auf Daten. Sie sorgt zunächst dafür, dass einfach weniger Datensätze angelegt werden. Diese werden zentral vorgehalten, und vor allem auch wiedergefunden, so entstehen keine Dubletten. Und sie ermöglicht die Zugriffsteuerung sowie Berechtigungskonzepte für verschiedene Standorte und Organisationsbereiche, ebenso wie regelbasierte Verteilmechanismen für verschiedene Standorte. Die Ansätze können soweit ausgebaut werden, dass Prozessschritte algorithmisiert und damit vollständig automatisiert werden. Auf diese Weise bleibt die Datenqualität auch langfristig hoch.

Dadurch werden auch Abläufe vereinfacht?

Genau. Geschäftsprozesse werden auf diese Weise optimal unterstützt und automatisiert. Denn hinter dem digitalen Prozess steht der physische Prozess der Materialwirtschaft. Wenn dieser optimiert verläuft, werden Zeit, Kosten und Ressourcen eingespart, was am Ende zu höherer Produktivität und zufriedeneren Kunden führt. Gerade im Maschinenbau, wo Produkte flexibel an Anforderungen angepasst werden müssen, ist dies ein nicht zu unterschätzender Aspekt.

Wenn nun ein Unternehmen das Projekt Digitalisierung von Prozessen angehen möchte – wie sollte es vorgehen?

Da haben wir eine klare Empfehlung: Zuerst sollte eine grundlegende Bereinigung und Restrukturierung der Daten mit einem flexiblen, spezialisierten System durchgeführt werden. Um die bereinigten Daten nutzen zu können, sollte dann auch gleich eine dazu passende „Suchmaschine“ implementiert werden – denn nur dann profitieren Unternehmen von einem strukturierten Datenpool. Darauf aufbauend folgt dann die Definition von Workflows mit dem Ziel einer automatisierten Feldpflege, um die Datenqualität langfristig zu sichern. In meinen Augen ist das ERP-System für diesen Vorgang nicht die beste Lösung, denn es ist auf andere Aufgaben ausgerichtet und viel zu behäbig. Ich empfehle die Verwendung darauf spezialisierter Werkzeuge, die auch das anschließende MDG-Projekt effizient umsetzen können.

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