Digitalisierungshürde Datenqualität

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Dr Arno Michelis von simus systemsDigitalisierungsprojekte der Industrie 4.0 stellen hohe Anforderungen an die Datenqualität. Diese lassen sich in drei konsequenten, aufeinander aufbauenden Schritten erfüllen. Dabei sollten Werkzeuge das ERP-System ergänzen.

Kommentar von Dr. Arno Michelis, Geschäftsführer simus systems GmbH

Die Digitalisierung kommt in der deutschen Wirtschaft offenbar nur langsam in Gang: Laut einer Studie des Digitalverbandes Bitkom geben 58 Prozent der 502 befragten Geschäftsführer und Vorstände an, dass ihr Unternehmen noch ein Nachzügler sei. In einer anderen Studie des Marktforschungs- und Beratungsunternehmens Lünendonk beurteilen 60 Prozent der Teilnehmer die Datenqualität in ihren Unternehmen als mittelmäßig. Die gleiche Studie stellt einen Zusammenhang zwischen diesen beiden Fakten her. Danach können durch ein hohe Stammdatenqualität nicht nur bis zu fünf Prozent der Arbeitszeit eingespart werden – auch digitale Geschäftsmodelle sind nur möglich, wenn die Unternehmen ihre Stammdaten im Griff haben.

Dies lässt sich nachvollziehen: Für eine maschinelle Verarbeitung reichen Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit nicht aus. Erst die Konformität der Daten mit spezifischen Regeln lässt eine Verarbeitung in verschiedenen Systemen zu. Die Daten müssen widerspruchsfrei, also konsistent und möglichst einzigartig sein: Dubletten blähen den Datenbestand unnötig auf, sorgen für Mehraufwand, bilden eine potenzielle Fehlerquelle und treiben die Prozesskosten in die Höhe.

Voraussetzungen für eine digitale Transformation

Doch erreicht der Datenbestand in verschiedenen IT-Systemen ein neues Level der Datenqualität, das den Anforderungen der Digitalisierung und Industrie 4.0 entspricht? Die meisten Systeme – einschließlich der ERP-Systeme von SAP – unterstützen dieses Bestreben nicht. Oft fehlen auch unternehmensweite Prozess- und Organisationsstrukturen mit klaren Regeln und Verantwortlichkeiten. Deswegen empfehlen wir eine standardisierte Vorgehensweise in drei Schritten, die wir auf Basis zahlreicher erfolgreicher Projekte entwickelt haben:

1. Strukturierung und Klassifizierung der Materialstammdaten

Den ersten Schritt gehen Unternehmen am besten mit einem Projekt zur Strukturierung und Klassifizierung der Materialstammdaten. Projektteams des Kunden definieren mit unseren Beratern Standards zur Datenstrukturierung als Grundlage für individuelle Regelwerke, welche die Datenkonventionen des Unternehmens festschreiben. Für viele Anwendungsfälle existieren bereits anpassbare Basisregelwerke. Mit einer von uns über die Jahre entwickelten Software werden Datenbestände aus den unterschiedlichen internen Quellen analysiert, um sie anschließend automatisch zu strukturieren und aufzubereiten.

2. Einführung eines Materialstamm-Antragsprozesses

Im zweiten Schritt wird ein Materialstamm-Antragsprozess in der Organisationsstruktur eingeführt, um die einmal erreichte Qualität der Materialstamm-Daten zu erhalten. Finden sich benötigte Materiale nicht im Bestand, wird die Neuanlage eines Materialstamms beantragt. Ein Stammdatenteam begutachtet die Materialanträge, bevor das neue Material angelegt wird.

3. Automatisierter Pflegeprozess für Materialstämme

Im dritten Schritt wird ein automatisierter Pflegeprozess für Materialstämme eingeführt, der unter Mitwirkung der betroffenen Fachabteilungen schnell zu fehlerlos ausgefüllten Feldern führt. Für eine feingranulare Zugriffssteuerung sorgt ein Berechtigungskonzept, intelligente Voreinstellungen reduzieren den Eingabeaufwand und verhindern Fehleingaben.

Der Prozess kann sich sogar über verteilte Standorte erstrecken und an unterschiedliche Abläufe, beispielsweise für verschiedene Materialarten, angepasst werden.

Vorteile von Stammdatenmanagement

Wer diese drei Schritte geht, bekommt sein Stammdatenmanagement in den Griff und schafft damit die Voraussetzungen für eine digitale Transformation. Dadurch wirkt sich die neue Qualität der Stammdaten in verschiedenen Bereichen positiv aus: Eine bessere Unternehmenssteuerung aufgrund von Analysen, die Verkürzung von Durchlaufzeiten in der Produktion und der Supply Chain, realistischere Wiederbeschaffungszeiten, optimierte Losgrößen und Mindestbestellmengen sowie weniger gebundenes Kapital werden als Effekte genannt. Letztlich freuen sich auch die Anwender über transparente und leicht aufzufindende Daten!

Dieser Kommentar ist erschienen im E3-Magazin.